Matthias Hauer MdB

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Olaf Scholz trägt die politische Verantwortung für den Wirecard-Skandal

Die Unionsfraktion hat heute vor der Bundespressekonferenz ihr Fazit zur Arbeit des 3. Untersuchungsausschusses (Wirecard) gezogen. Gemeinsam mit den Fraktionskollegen im Ausschuss, Dr. Hans Michelbach und Fritz Güntzler, berichtete Matthias Hauer über die Ergebnisse des Ausschusses und stellte sich den Fragen der Journalistinnen und Journalisten.

Folgendes Eingangsstatement gab Matthias Hauer als Obmann der CDU/CSU-Bundestagsfraktion ab:

Soeben haben wir den Abschlussbericht des Ausschusses an den Präsidenten des Bundestages übergeben. Mit der Plenardebatte am Freitag steht das Finale von knapp neun Monaten intensiver Aufklärungsarbeit bevor.

Wir als CDU und CSU möchten die Gelegenheit nutzen, um Ihnen heute unser Fazit aus der Arbeit des Wirecard-Untersuchungsausschusses vorzustellen.

Der Wirecard-Skandal hat tausende Anleger um ihr Erspartes gebracht, hat Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz gekostet und hat das Vertrauen in den Finanzplatz Deutschland schwer beschädigt. Es ist daher wichtig, dass die Strafverfolgungsbehörden gegen die Täter dieses Milliardenbetrugs mit aller Härte des Rechtsstaats vorgehen – sie anklagen und bestrafen.

Es war aber ebenso wichtig, dass das Parlament mit diesem Untersuchungsausschuss den Sachverhalt aufklärt, eine Antwort auf die Frage nach der politischen Verantwortung gibt und die Lehren aus dem Skandal zieht.

Wir haben in diesem Untersuchungsausschuss – größtenteils auch über Fraktionsgrenzen hinweg – konstruktiv und sachorientiert zusammengearbeitet. Dafür bedanke ich mich auch bei den Kolleginnen und Kollegen der anderen Fraktionen.

Hunderte Gigabyte Daten, 52 Sitzungen und hunderte Stunden Zeugenvernehmungen oft bis tief in die Nacht haben eklatante Versäumnisse bei verschiedenen Behörden und bei Abschlussprüfern zu Tage gefördert.

Der Wirecard-Skandal ist ein Kriminalfall. Er ist ein Zeugnis des Versagens der Abschlussprüfer. Und er offenbart ein multiples Aufsichtsversagen unter den Augen des Bundesfinanzministeriums.

Bei der Abschlussprüfung wurden Fehler gemacht. Die Prüfungsgesellschaft EY hätte nicht jahrelang uneingeschränkte Testate erteilen dürfen. Auf Initiative der Union haben wir mit Unterstützung eines Teams aus Wirtschaftsprüfern die Versäumnisse offengelegt, etwa im Umgang mit dem betrügerischen Drittpartnergeschäft und den nicht vorhandenen Milliarden auf Treuhandkonten. Mein Kollege Fritz Güntzler wird darauf gleich näher eingehen – auf das Prüfungsversagen von EY und auch das Kommunikationsdesaster der Prüfungsgesellschaft.

Der Wirecard-Skandal ist aber nicht nur ein Fall schwerer Kriminalität und des Versagens der Abschlussprüfer – er hat auch eine politische Dimension. Wir haben ein Bundesfinanzministerium erlebt, das wegsieht, das falsch handelt und das Aufklärung erschwert.

Für uns als Unionsfraktion steht fest: Die politische Verantwortung für den Wirecard-Skandal tragen Bundesfinanzminister Scholz und die Führung im Bundesfinanzministerium.

Herr Scholz hat sich als schweigender Minister präsentiert – mit unglaubwürdigen Erinnerungslücken. Sein Ministerium ist vor allem mit mehrfach verspäteten Aktenlieferungen und fadenscheinigen Ausreden aufgefallen – ein teilweise respektloser Umgang mit dem Parlament. Von der angekündigten Transparenzoffensive des Ministers ist nichts übriggeblieben – sie war Schall und Rauch.

Der SPD ging es von Beginn an vor allem darum, ihren Kanzlerkandidaten zu schützen. Deshalb hat man dort weniger auf die BaFin und nur auf Strafverfolgungsbehörden, EY und Lobbyisten geschaut – mit dem durchschaubaren Ziel, den Kanzlerkandidaten aus der Schusslinie zu nehmen. Auch dort haben wir kritisch hingeschaut – unabhängig vom Parteibuch der Zeugen.

Wir als Union haben – gemeinsam mit den antragstellenden Fraktionen aus der Opposition – mit Hochdruck auch die politische Aufklärung vorangetrieben.

Und es gab eklatante Fehler bei staatlichen Behörden: Im Zentrum des multiplen Aufsichtsversagen steht die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). BaFin und Bundesfinanzministerium haben sich jahrelang in einem Aufsichtstiefschlaf befunden.

In vielen Bereichen blieb die BaFin untätig und stellte sich mit dem fatalen Leerverkaufsverbot und der Anzeige gegen Journalisten im Frühjahr 2019 sogar auf die Seite von Wirecard – aller Hinweise auf Unregelmäßigkeiten zum Trotz.

Dem Markt wurde durch diese Entscheidung, die die BaFin gegen die Bedenken der Bundesbank durchsetzte, suggeriert, dass bei Wirecard alles in Ordnung sei. Investoren, Anleger und Banken wähnten sich in der Folge in trügerischer Sicherheit. Viele Zeugen berichteten uns, dass sie das Leerverkaufsverbot der BaFin quasi als Gütesiegel zugunsten von Wirecard verstanden haben.

Dies geschah mit Wissen des Bundesfinanzministeriums, dessen Rechts- und Fachaufsicht die BaFin unterliegt. Das Leerverkaufsverbot der BaFin ist der schwerwiegendste Aufsichtsfehler in der Causa Wirecard. Das BMF hätte beim Leerverkaufsverbot eingreifen können und müssen. Es ist damit auch das Leerverkaufsverbot von Olaf Scholz und seinem zuständigen Staatssekretär Jörg Kukies, der persönlich vorab informiert war.

Die wesentlichen Teile des Aufsichtsversagens – bei der Bilanzkontrolle, bei der Geldwäsche, bei der Finanzaufsicht und bei den Mitarbeitergeschäften – laufen im BMF, im Ministerium von Olaf Scholz zusammen.

Der Untersuchungsausschuss hat zu vielen personellen Konsequenzen geführt: Bei der BaFin-Führung, beim Abschlussprüfer, bei der APAS, bei der DPR etc. Das zuständige Ministerium, bei dem dieser Skandal politisch zusammenläuft, duckt sich weg.

Anstatt sich der Verantwortung zu stellen, sucht Olaf Scholz Fehler und Schuldige nur dort, wo er selbst und sein Ministerium nicht beteiligt sind. Das ist ein Schlag in das Gesicht tausender Wirecard-Geschädigter.

Ich habe große Zweifel, dass Staatssekretär Kukies diesen Neustart bei der BaFin erfolgreich und mit der erforderlichen Autorität gestalten kann. Ein Finanzminister mit Führungsstärke, der es mit einer Aufsicht von Weltformat ernst meint, würde Herrn Kukies von seinen Aufgaben entbinden. Die Personalie Kukies ist untrennbar mit dem Aufsichtsversagen bei Wirecard verbunden.

Mit der Aufklärungsarbeit im Untersuchungsausschuss haben wir auch den Grundstein für die erforderlichen gesetzgeberischen Konsequenzen gelegt. Nach intensiven Beratungen hat der Deutsche Bundestag im Mai das Finanzmarktintegritätsstärkungsgesetz (FISG) verabschiedet, das ganz wesentlich die Handschrift der CDU/CSU-Bundestagsfraktion trägt. Der gemeinsame Entwurf von Finanz- und Justizministerium ging stellenweise nicht weit genug und mitunter sogar in die falsche Richtung.

Das zweistufige Enforcement hat im Fall Wirecard versagt, dennoch wollte Olaf Scholz an dem dysfunktionalen System festhalten. Die mit der Prüfung der Wirecard-Bilanzen beauftrage DPR besaß nicht die forensischen Werkzeuge, um Bilanzbetrug aufzudecken. Obwohl das BMF von Beginn an über die DPR-Prüfung informiert war und auch Staatssekretär Kukies den Verfahrensstand genau kannte, blieben BaFin und BMF untätig.

Auf Drängen der Union wird das Kompetenzwirrwarr zwischen BaFin und privater Prüfstelle abgeschafft, zu Gunsten einer starken Bilanzkontrolle mit klaren Kompetenzen aus einer Hand.

Außerdem verkürzen wir mit dem FISG sowohl die externe als auch interne Rotation der Abschlussprüfer erheblich und stärken somit die Unabhängigkeit der Prüfer.

Es wurde in den Vernehmungen aber auch deutlich: Gesetzesänderungen alleine sind noch lange kein Garant für eine effektive Aufsicht.

Hierfür ist ein Kulturwandel dringend erforderlich – mehr Hinsehen und weniger Wegsehen. Diesen Wandel haben wir mit den gesetzlichen Änderungen angestoßen. Ihn zu forcieren und die BaFin zu einer schlagkräftigen und selbstbewussten Aufsicht aufzubauen, wird eine zentrale Aufgabe des designierten BaFin-Chefs Mark Branson sein. Dabei wird ihn die Unionsfraktion nach Kräften unterstützen.