Schluss mit Salami-Taktik
Zur zweiten Sondersitzung des Finanzausschusses zum Fall Wirecard am 31. August 2020 erklärt der zuständige Berichterstatter der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Matthias Hauer MdB:
„Heute haben wir im Finanzausschuss des Deutschen Bundestages einen weiteren Versuch der politischen Aufklärung des Wirecard-Skandals unternommen. Dieser Skandal ist einer der größten Finanzskandale der Bundesrepublik und muss lückenlos – strafrechtlich, aufsichtsrechtlich und auch politisch – aufgeklärt werden. Vor allem Olaf Scholz als Bundesfinanzminister sowie oberster Aufseher der BaFin und der Geldwäsche-Einheit FIU trifft die oberste Pflicht zur Aufklärung. Bislang verfolgt Herr Scholz eine Salamitaktik: Informationen werden scheibchenweise präsentiert, nach Beantwortungen stellen sich teilweise mehr Fragen als zuvor, diverse Unterlagen werden nur in die Geheimschutzstelle eingestellt und Antworten kommen oft erst kurz vor Sitzungsbeginn – das muss deutlich besser werden.
Im ersten Teil der heutigen Sitzung hat das Kanzleramt, vertreten durch Staatsminister Dr. Hendrik Hoppenstedt, dem Finanzausschuss ausgiebig und detailliert zu verschiedenen Themenbereichen Auskunft erteilt. Dabei ist deutlich geworden, dass die Flankierung der Wirecard AG während der China-Reise von Bundeskanzlerin Merkel im September 2019 im Rahmen der üblichen Gepflogenheiten erfolgte und sich in die langjährige außenwirtschaftliche Strategie Deutschlands einfügte, zugunsten der deutschen Wirtschaft für eine Marktöffnung in China einzutreten. Es ist selbstverständlich, dass sich die Bundesregierung im Ausland für deutsche Interessen – auch diejenigen deutscher Unternehmen, vom Mittelständler bis zum DAX-Konzern – einsetzt. Die im Vorfeld der Reise durch das zuständige Fachministerium BMF an das Kanzleramt übermittelten Informationen zur Wirecard AG haben keine Warnungen zu einem schwerwiegenden Fehlverhalten bei der Wirecard AG enthalten, die einer solchen Flankierung zum damaligen Zeitpunkt entgegen gestanden hätten. Dass zu diesem Zeitpunkt bereits seit Monaten eine von der BaFin initiierte DPR-Prüfung der Wirecard-Bilanzen stattfand, teilte das Bundesfinanzministerium dem Bundeskanzleramt nicht mit.
Anschließend wurde Bundesjustizministerin Christine Lambrecht von den Mitgliedern des Finanzausschusses vor allem zum Themenkomplex DPR befragt. Frau Lambrecht hat versucht, die Rolle ihres Ministeriums im Wirecard-Skandal herunterzuspielen. Sie muss zur Kenntnis nehmen, dass ihr Ministerium kein neutraler Dritter war, sondern als Vertragspartner den Anerkennungsvertrag mit der DPR geschlossen hat. Das Justizministerium hat es versäumt, obwohl dies vertraglich vorgesehen war, selbst Einfluss auf die Ausgestaltung des zweistufigen Verfahrens der Bilanzprüfung bei der DPR zu nehmen und hat stattdessen der DPR dabei weitgehend freie Hand gelassen. Es ist erstaunlich, dass ihr Ministerium zu keinem Zeitpunkt vor dem Wirecard-Skandal das zweistufige Enforcement-Verfahren hinterfragt haben will. Dies obwohl es das Verfahren derzeit als dringend reformbedürftig betrachtet und auch in der Vergangenheit mehrere Fälle aufgetreten sind, bei denen die BaFin – wegen erheblicher Zweifel an der Richtigkeit der DPR-Prüfergebnisse bzw. an der ordnungsgemäßen Durchführung der DPR-Prüfung – das Verfahren in der zweiten Stufe übernommen hatte.
Am Abend befasst sich der Finanzausschuss mit dem Themenkomplex Geldwäsche sowie in der morgigen Sitzung mit den Themen der Einstufung der Wirecard AG als Nichtfinanzunternehmen und zu Börse und Börsenaufsichtsbehörde.“