Matthias Hauer MdB

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Unionsfraktion zu Wirecard in der Bundespressekonferenz

Die Unionsfraktion hat heute im Rahmen der Bundespressekonferenz ein Zwischenfazit zur Arbeit des 3. Untersuchungsausschusses (Wirecard) gezogen. Gemeinsam mit den Fraktionskollegen im Ausschuss, Dr. Hans Michelbach und Fritz Güntzler, berichtete Matthias Hauer zum Thema „Wirecard-Untersuchungsausschuss auf der Zielgeraden – Versäumnisse, Verantwortung und Lehren“.

Folgendes Eingangsstatement gab Matthias Hauer als Obmann der CDU/CSU-Bundestagsfraktion dabei ab:

Der Wirecard-Untersuchungsausschuss ist auf der Zielgeraden – deshalb wollen wir heute auf Versäumnisse, Verantwortung und Lehren aus dem größten Finanzskandal der Bundesrepublik im Detail eingehen.

Nach einem halben Jahr mit 36 Sitzungen, rund 300 Ausschussstunden, über 80 Befragungen, knapp 800 GB Daten auf dem Laufwerk und hunderten Ordnern in der Geheimschutzstelle wollen wir als Unionsfraktion heute ein Zwischenfazit ziehen.

Wir haben im Untersuchungsausschuss eine BaFin erlebt, die nicht den Gesamtkonzern beaufsichtigt hat, eine Bilanzkontrolle, die keinen Betrug aufdecken konnte, und eine Geldwäscheaufsicht, die niemand ausgeübt hat.

Stattdessen gab es ein fatales Leerverkaufsverbot durch die BaFin, fragwürdige Wirecard-Aktiengeschäfte durch einige Aufseher und Banker und eine fehlende kritische Distanz zum Unternehmen Wirecard.

Diese festgestellten Versäumnisse laufen alle an einer zentralen Stelle zusammen: bei der BaFin. Damit stellt sich auch die Frage der politischen Verantwortung – von Olaf Scholz und seiner Staatssekretäre.

Natürlich hatte auch die Arbeit der Abschlussprüfer, die nicht-existente Milliarden testiert haben, eine verheerende Wirkung. Für bessere Rahmenbedingungen bei der Wirtschaftsprüfung machen wir daher konkrete Vorschläge – darauf und auf weitere Lehren wird mein Kollege Fritz Güntzler gleich näher eingehen.

Neben diesen gesetzlichen Lehren geht es aber gerade auch um Aufklärungswillen und um politische Verantwortung.

Bei Bundesfinanzminister Olaf Scholz sehen wir leider das Gegenteil von Aufklärungswillen.

Das Finanzministerium hat dem Ausschuss wiederholt relevante Unterlagen zu spät vorlegt. Teilweise so viele Monate nach Fristablauf, dass wir Zeugen relevante Dokumente nicht vorlegen konnten. Das nicht nur ein Foulspiel, sondern eine klare Missachtung des parlamentarischen Untersuchungsausschusses.

Wir haben beispielsweise erst kürzlich – auf Vorschlag der Union – die Staatssekretäre in den Ausschuss zitiert und befragt, wieso in diesem Fall 111 Ordner zu spät geliefert wurden. Die beiden Staatssekretäre von Herrn Scholz begründeten die Verzögerung vor allem mit angeblich fehlenden Freigaben der britischen Aufsicht FCA. Auf meine Nachfrage musste das Finanzministerium mittlerweile einräumen: von den 111 verspäteten Ordnern betraf das nur zwei Ordner. 109 Ordner waren davon nicht betroffen. Und bei den zwei Ordnern erfolgte die Freigabe der britischen Aufsicht bereits am 5. Februar, sodass sich auch dafür die Zulieferung Ende März nicht rechtfertigen lässt. Aufklärungswille ist das jedenfalls nicht – die betroffenen Zeugen haben wir dann gestern ein zweites Mal vernommen. Wir lassen uns das fraktionsübergreifend vom BMF nicht gefallen.

Was Herr Scholz vom Untersuchungsausschuss hält, zeigt auch, dass er seinen Aktionsplan genau am Tag vor der Konstituierung des Untersuchungsausschusses vorgelegt hat. Offenbar redet Herr Scholz lieber über Aktionspläne als über Verfehlungen der BaFin, die seiner Rechts- und Fachaufsicht unterliegt. Die Ergebnisse des Ausschusses konnte er da jedenfalls noch gar nicht berücksichtigen – das erklärt auch, warum der Gesetzentwurf unausgegoren ist und warum wir das Placebo-Gesetz nachschärfen müssen.

Mit der Union wird es beispielsweise kein Weiter-So mit einem zweistufigen Verfahren der Bilanzkontrolle geben, wie es Herr Scholz vorschlägt – es hat sich gerade nicht bewährt. Wir als Union schlagen daher einen echten Neuanfang vor – mit einer Bilanzkontrolle aus einer Hand und klaren Kompetenzen. Selbst die SPD ist da schon weiter als ihr eigener Minister.

Lassen Sie mich zu zwei zentralen Aspekten des Untersuchungsausschusses kommen: dem BaFin-Leerverkaufsverbot und der fehlenden Geldwäscheaufsicht.

Die BaFin hat im Februar 2019 – auf Grundlage einer dubiosen Strafanzeige durch Wirecard – ein Leerverkaufsverbot erlassen. Es war handwerklich schlecht, inhaltlich falsch und hat das fatale Signal an den Markt gesendet, dass bei Wirecard alles in Ordnung sei. Das Finanzministerium war vorab informiert und hat keine Reißleine gezogen.

Die BaFin wollte beim Leerverkaufsverbot mit dem Kopf durch die Wand: Obwohl es ein einmaliger Vorgang bei der BaFin war, wurde wesentliche Kompetenz nicht einbezogen: Der Referatsleiter – beim Zahnarzt, die Abteilungsleiterin – langfristig krank, die stellvertretende Abteilungsleiterin – schlicht übergangen. Die gesamte Führung der Leerverkaufsabteilung wurde nicht einbezogen, vorhandene Kompetenz wurde weitgehend ignoriert. Auch kritische Stimmen – bei Bundesbank, Handelsüberwachungsstelle oder im eigenen Haus – fanden kein Gehör. Am Ende wurde übers Wochenende ein Leerverkaufsverbot durchgezogen, das es so nie hätte geben dürfen – in Kenntnis des Finanzministeriums.

In vielen anderen Bereichen hat die BaFin nicht gehandelt – beispielsweise bei der Geldwäscheaufsicht. Sowohl die Bezirksregierung Niederbayern als auch die BaFin haben dazu ihre eigene Unzuständigkeit festgestellt. Der Gesamtkonzern Wirecard unterlag damit überhaupt keiner Geldwäscheaufsicht. Die Bezirksregierung hat zumindest den Versuch unternommen, bei der BaFin eine Klärung zu erreichen, wer zuständig ist. Die E-Mail dazu lang in zwei zentralen BaFin-Postfächern – und blieb drei Monate lang unbeantwortet, obwohl die Bezirksregierung bei der BaFin nachhakte. Als es dann unangenehm wurde, hieß es bei der BaFin: sie sei auch nicht zuständig. Natürlich gehört eine Geldwäsche-Aufsicht über einen DAX-Konzern mit 58 Tochtergesellschaften mit Auslandsbezug in eine Bundesaufsicht und nicht in die Aufsicht einer Bezirksregierung, die ansonsten Immobilienmakler oder Autohändler beaufsichtigt.

Vielleicht wundern Sie sich, dass eine Regierungsfraktion bemüht ist, den Ergebnissen eines Untersuchungsausschusses zusätzliche Aufmerksamkeit zu bescheren. Als CDU und CSU sehen wir uns – gemeinsam mit den antragstellenden Fraktionen – auch als ein Motor der Aufklärung des Skandals.

Wir haben dafür gesorgt, dass diverse Zeugen zusätzlich geladen werden, die vieles zur Aufklärung beitragen konnten. Wir befragen Zeugen intensiv und hart in der Sache – unabhängig von deren Parteibuch.

Auch der Sonderermittler, der derzeit die Arbeit von EY im Detail zusätzlich beleuchtet, geht auf unsere Initiative zurück. Gleiches gilt für das heutige Fachgespräch mit dem designierten BaFin-Präsidenten Branson – wir als Union haben angeregt, dass es öffentlich stattfindet. Wir wollen, dass sich die breite Öffentlichkeit ein Bild von der Neuaufstellung machen kann.

In der nächsten Woche stehen die Befragungen der politischen Spitzen an. Wir werden Peter Altmaier zur Rechtsaufsicht über die APAS befragen, Christine Lambrecht zur Arbeit der DPR und die Bundeskanzlerin zum Flankieren des Markteintritts in China.

Im Zentrum steht die Vernehmung von Staatssekretär Kukies und Finanzminister Scholz. Sie tragen – als Rechts- und Fachaufsicht über die BaFin – die maßgebliche politische Verantwortung. Das Maß des persönlichen Verschuldens wird sich bei den Vernehmungen zeigen.