Matthias Hauer MdB

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Ex-Wirecard-Vorstand Markus Braun im 3. Untersuchungsausschuss dieser Wahlperiode im Deutschen Bundestag © Simone M. Neumann

Wirecard: Ex-Vorstand vorgeladen

Knapp 14 Stunden Zeugenvernehmungen und Beratungssitzungen im Untersuchungsausschuss: Am 19. November hatten die Parlamentarier Markus Braun als Zeugen geladen – er war 18 Jahre lang Vorstandsvorsitzender der Wirecard AG und wurde aus der Untersuchungshaft vorgeführt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt derzeit gegen ihn wegen gewerbsmäßigen Bandenbetrugs, Untreue im besonders schweren Fall und Marktmanipulation.

Matthias Hauer MdB berichtet von der Zeugenvernehmung:

In seinem Eingangsstatement kündigte Markus Braun an, sich zunächst gegenüber der Staatsanwaltschaft äußern zu wollen. Auf meine Frage, wann er diese Erklärung abgeben werde und wieso er dies bislang nicht getan habe, antwortet er kaum nachvollziehbar, dass er dies nicht entscheiden könne. Er sprach zudem von „veruntreuten Unternehmensgeldern“, getäuschten Abschlussprüfern und dass er keine Hinweise auf pflichtwidriges Verhalten z.B. von Aufsichtsbehörden habe. Das Statement von Herrn Braun vor dem Ausschuss war nicht nur völlig unsubstantiiert, sondern auch wenig glaubhaft.

Als Obmann der Unionsfraktion im Ausschuss durfte ich die Fragerunden eröffnen. Ich wollte als erstes wissen, was er den geschädigten Anlegern zu sagen hat, ob er reinen Tisch machen will und welche Fehler er als Wirecard-Chef gemacht hat. Weder zu meinen Fragen noch zu den Fragen der anderen Ausschussmitglieder nahm er inhaltlich Stellung. Mindestens hundertmal hörten wir in der Sitzung, dass er sich auf sein Auskunftsverweigerungsrecht und sein Eingangsstatement berufe.

So blieben bislang auch meine Fragen zu Jan Marsalek, ausländischen Nachrichtendiensten, dem Geschäftsmodell von Wirecard, dem Leerverkaufsverbot der BaFin, mangelnder BaFin-Aufsicht, politischen Kontakten, dem Drittparteiengeschäft in Asien und den maßgeblichen Akteuren des Wirecard-Skandals unbeantwortet. Selbst bei Fragen, die klar keinerlei Bezug zu einem Zeugnisverweigerungsrecht haben können, blieb er jede Antwort schuldig. Sein Agieren gegenüber den Anlegern und Mitarbeitern von Wirecard war in höchstem Maße respektlos – dieses Verhalten hat er heute gegenüber dem Deutschen Bundestag fortgesetzt. Er hat dem Ausschuss nun die Tatsachen, auf die er die Verweigerung seiner Aussage stützt, glaubhaft zu machen. Mit seinen Ausführungen wird sich der Ausschuss dann befassen und über eine erneute Ladung bzw. Maßnahmen gegen ihn entscheiden.

Herr Braun hätte mit einer Aussage – etwa zu den Hintergründen seines Treffens an seinem 50. Geburtstag mit dem Staatssekretär von Finanzminister Olaf Scholz, Jörg Kukies, Anfang November 2019 – die politische Aufarbeitung des Wirecard-Skandals wesentlich voranbringen können. Diese Chance hat er heute nicht genutzt. Wir bleiben dran.

Als weitere Zeugin berichtete uns die ehemalige Aufsichtsrätin von Wirecard, Tina Kleingarn, aus dem Innenleben des Konzerns. Anders als Herr Braun stand Frau Kleingarn uns in mehrstündiger Befragung Rede und Antwort. Frau Kleingarn sprach von Start-up-Strukturen bei dem Milliardenkonzern, von mangelnder Professionalität der Unternehmensführung und von kaum vorhandener Corporate Governance. Sie hatte ein vierseitiges Schreiben vorgelegt, mit dem sie Ende 2017 gegenüber dem Aufsichtsrat die Gründe für die Niederlegung ihres Aufsichtsratsmandats erklärt habe. Hinweise auf rechtswidriges Verhalten habe sie jedoch damals nicht wahrgenommen. Ihre damalige Aussage im Schreiben, dass für die „unternehmerische Leistung“ dem Management „Dank und Anerkennung“ gebühre, habe sie vielmehr ehrlich gemeint. Ihr äußerst selbstbewusster Auftritt passt jedoch kaum dazu, dass sie bei wesentlichen Themenkomplexen sehr oberflächlich blieb. Beispielsweise beantwortete sie meine Fragen zu ungewöhnlich hohen Beträgen beim Bilanzposten „Zahlungsmittel und Zahlungsmitteläquivalente“, zur intensiven Nutzung von Treuhandkonten, zur deutlich besseren Entwicklung von Wirecard gegenüber Mitbewerbern und zum TPA-Geschäft in Asien kaum substantiiert. Eigene Fehler räumte Frau Kleingarn nicht ein.

Abschließend wurden die Zeugen Stephan Freiherr von Erffa (ehem. Leiter der Buchhaltung der Wirecard AG) und Oliver Bellenhaus (ehem. Geschäftsführer einer Wirecard-Tochtergesellschaft in Dubai) per Video vernommen. Beide Zeugen kündigten eine umfassende Aufklärung gegenüber dem Ausschuss an, sobald sie ihre Erklärungen gegenüber der Staatsanwaltschaft abgegeben haben. Bis dahin wollen sie sich auf ihre Auskunftsverweigerungsrechte berufen. Wir haben uns daraufhin auf die Fortsetzung ihrer Vernehmungen Ende Januar verständigt. Herr Bellenhaus bat in seinem kurzen Eingangsstatement die Geschädigten um Entschuldigung und erklärte, sich der „Verantwortung stellen“ zu wollen. Auch wenn sich davon niemand etwas kaufen kann, so bleibt zu hoffen, dass er zumindest seinen Ankündigungen Taten folgen lässt und intensiv an der Aufklärung mitwirkt.